Den ersten drei Angriffen wich Ronan ohne probleme aus wie eine Schlange einem Pferdehuf ausweicht. Beim vierten Angriff von Aela lenkte er ihren Sperstoss mit dem Schwert ab, trieb ihre Speerspitze mit dem Fuss in den Sandboden und hielt ihr seine Schwertspitze ans Kinn. "Deine Angriffe sind zu Offensichtlich. Ich weiss immer schon was du tun wirst bevor du zuende ausgeholt hast." Er wich ein paar Schritte zurück. "Vorhin bist du auf meine Ablenkungsmanöver reingefallen, und jetzt warst du leicht zu durchschauen. Ein guter Kämpfer kann seine Absichten vor seinem Gegner verbergen, Angriffe vorteuschen damit er beim Verlagern der Deckung schwachstellen preis gibt, und fällt nicht auf die Täuschungsmanöver seines gegners rein. Versuch deinen Gegner ein wenig auszutricksen. Zum Beispiel indem di ihn in falscher Sicherheit wiegst."
Er machte sich auf noch eine Attacke von Aela gefasst.

Das gab es doch nicht. Am liebsten hätte ich Ronan das Gesicht zerkratzt. Aber da mein Stolz das nicht zulassen wollte ließ ich es und sah mich um, wer hier wohl noch alles war und uns vielleicht beobachtete.
Dann schnappte ich mir wieder meinen Speer und funkelte Ronan böse an. Diesmal würde ich es ihm nicht so leicht machen! Ich würde seine Ratschläge so gut ich konnte verfolgen.
Erstmal umkreiste ich Ronan, versuchte eine Schwachstelle zu finden. Den Speer warf ich von einer Hand zur anderen, bevor ich ihn dann fest packte und mit einem großen Schritt an Ronan herantrat und ihn mit meinen Angriffen bombadierte.

Einige der Angriffe wehrte er mit dem Schwert ab, anderen wich er aus. Dann ergriff er wieder die Initiative, drehte sich ohne Vorwarnung um die eigene Achse, Klemmte den Speer zwischen sein Schwert und seinen Oberkörper, drehte sich weiter und schleuderte sie ein paar schreitte weg, sodass er beide Waffen, das Schwert und den Speer in der Hand hatte.
"Viel besser. Versuch mal etwas wie dashier. Nur als Beispiel."
Er holte mit dem Speer aus, so als wollte er zustechen genau wie sie. Statt aber beim Speer die Richtung zu ändern gieng er weiter zurück, drehte sich um die eigene Achse und liess die Spizte am anderen Ende des Speers auf sie zu und knapp am Ohr vobei segeln. Einen Moment liess er ihr, um sich von dem Schreck zu erholen von der Seite angegriffen worden zu sein, wo sie doch die Vorzeichen eines Angriffes von vorne gesehen hatte, dann reichte er ihr den Speer wieder. "Die Augen können dich Täuschen. Traue ihnen nicht. Lass deinen Gegner etwas anderes sehen als du tust."

Als er mir den Speer wieder aus der Hand nahm schnaubte ich empört und ballte die Fäuste. Ich sollte wohl lieber beim Stehlen bleiben. Dann beobachtete ich ihn bei seinem Vorschlag ,welchen ich wirklich gut fand. Als die Klinge des Speers knapp an meinem Ohr vorbei zischte erstarrte ich und schloss die Augen in der Erwartung gleich den Speer im Körper stecken zu haben. Als aber nichts weiter geschah öffnete ich die Augen und sah Ronan aus großen Augen an. Ich nahm den Speer wieder entgegen und schnaubte nur abfällig auf seine Worte. Ich konnte ja die Augen zumachen, vielleicht funktionierte dass dann ja besser?
Ich stellte mich also vor Ronan und versuchte denselben Angriff. Bei dem Gedanken ihm doch etwas zu nahe zu kommen mit der Klinge durch einen falschen Handgriff wurde ich leicht nervös. Daraus folgte , dass ich stolperte und Ronan wortwörtlich vor die Füße viel. Der Speer aber glitt mir aus der Hand und machte sich selbstständig.

Als Aela der Speer aus der Hand flog konnte Ronan gerade so verhindern dass die eine Speerspitze ihm den Schädel durchstach. Dass die andere sein Bein aufschlitzte jedoch konnte er nicht mehr verhindern.
Keuchend warf er den Speer zuboden und versuchte die Wunde zuzudrücken, die bereits eineinhalb Meter weit Blut verspritzt hatte.
"Verdammt nochmal! Dass man den Speer festhalten soll muss man dir auch noch sagen!?" Zischte er, warf auch sein Schwert zuboden und drückte mit beiden Händen die Wunde zu. Es tat höllisch weh!
So schnell er konnte band er sich den Gürtel ums Bein und zog ihn so fest zu wie es ging. Die Blutung wurde schwächer...

Ich wurde blass, als ich sah was ich angerichtet hatte. "Entschuldige..." , sagte ich und kroch rückwärts von ihm weg, unfähig ihm irgendwie zu helfen. "Es... es tut mir leid... ich wollte... " Ich sah mich hilflos um.
Was war nur los mit mir? Sowas war mir früher nie passiert. Und Wunden haben mich nie unfähig dasitzen und mein Gegenüber fassungslos anstarren lassen. Ich wurde weich...
Wieder war ich zurückversetzt in der Zeit. Ich erwartete jeden Moment einen wutentbrannten Blick von Ronan, worauf er mir drohen würde, dass er mich umbringen würde... was er dann zu Hälfte war machen würde.
Kurz war ich der Versuchung einfach loszurennen, da kam jemand angerannt.

Ronan biss die Zähne zusammen, während der Heiler der die Verletzungen bei Trainingsunfällen verartztete ihm die Wunde mit Schnaps säuberte und das Bein verband. Langsam legte er sich auf den Boden.
"Ihr habt mit Wunden schon einige Erfahrung, Herr. Ich brauche euch nicht zu sagen dass es eine Narbe gibt."
"Noch eine... Meine siebte an dem Bein..." Ronan setzte ein ironisches Grinsen auf, während Aela ihn noch immer anstarrte. Der Heiler fand es nicht besonders witzig.
"Ein Glück dass die Wunde nicht sehr Tief ist. Zwei Fingerbreiten tiefer, und ihr wärt verblutet, ohne dass ich es hätte verhindern können. Ihr werdet einige Wochen eine Krücke brauchen, werdet aber bald darauf wieder ganz der Alte sein."
"Einige Wochen ein Krüppel wegen einem lächerlichen Unfall beim Training..." Ronan Seufzte.
"Mehr als zwei Monate bis ihr wieder Kämpfen könnt, Herr. Hättet ihr eine Rüstung getragen, wäre euch das nicht passiert."
"Nein. Hätte ich eine Rüstung getragen wäre ich schon tot."

Ich zog den Kopf ein und richtete den Blick auf den Boden. Mein schlechtes Gewissen setzte ein. "Es tut mir leid..." , sagte ich nochmal leise. Der Heiler drehte sich zu mir um mit einem für mich eher finster wirkenden Blick. Er betrachtete mich einige Zeit, ehe er den Blick wieder abwandte. "Kann ich irgendwie helfen?", fragte ich mit einer Spur von Unsicherheit in der Stimme. Irgendwie musste ich diesen Patzer ja wieder gut machen. Es war immerhin meine Schuld, dass Ronan nicht mehr kämpfen konnte für 2 Monate.
Während ich darüber nachdachte, wie ich diese Schuld begleichen und mein schlechtes Gewissen vergessen konnte, sah ich Ronan nicht an. Ob es überhaupt schlau war ihm zu helfen war auch Ansichtssache, immerhin war ich nun noch unsicherer als mit dem Speer. Und mit diesem hatte ich ihm das Bein aufgeschlitzt. Jetzt würde ich ihn wahrscheinlich aus Versehen von einer Mauer schubsen.... oder einer Treppe.

Ronan sah Aela an. Sie sah elend aus.
"Du hast es ja nicht Absichtlich gemacht. Unfälle passieren. Halt den Speer in Zukunft einfach gut fest. Wenn du lernen willst ihn zu werfen, kann ich dir das auch beibringen..."
"Herr! Ermutigt sie nicht auch noch. Sie bringt sonst noch jemanden um." Der Heiler half Ronan auf das gesunde Bein, und sützte ihn während sie den Trainingsplatz verliessen.
"Du kannst den Speer in die Waffenkammer zurückbringen..."

Ich funkelte den Heiler böse an. "Ratet wer als erstes dran glauben wird!", knurrte ich leise, doch der Mann überhörte es gekonnt.
Als Ronan und er verschwunden waren stand ich auf, nahm den Speer und brachte ihn wieder zurück in die Waffenkammer.
Dann überlegte ich, was ich nun tun sollte. Zuerst ging ich in meine Unterkunft, wo ich im Moment zum Glück allein war. Ich legte mich auf das Bett, drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. Ich war müde, erschöpft und fühlte mich geschunden und hatte Angst noch einmal den ganzen Tag durchleben zu müssen, wenn ich die Augen schloss. Irgendwann, ich wusste nicht wie lang ich schon da lag, stand ich auf und verließ das Zimmer. Ich wandelte durch den Palast und merkte erst, als ich angekommen war, wohin meine Füße mich wiedereinmal geführt hatten.

Der Heiler hatte Ronan etwas gegen die Schmerzen gegeben, ihn in sein Quartier gebracht und ihm krücken dagelassen.
So erschöpft er sich von dem Morgen schon fühlte, legte er sich doch nur ungern hin. Eine weile wälzte er sich hin und her, sein Körper fühlte sich taub an und er selbst benommen... Er hatte doch schon schlimmere Verletzungen unter sehr viel schlimmeren Umständen auskuriert, oder?
Er rappelte sich. Hatte er geschlafen? Am himmel vor seinem Fenster sah es so aus als ob die Sonne kurz davor war unterzugehen. Hatte er heute überhaubt gegessen oder getrunken? Bevor er das tat, fütterte er eine vorbeilaufende Ratte mit einem Becher voll von dem Wasser und einem kleinen Bisschen von dem Essen, das die Diener irgendwann gebracht hatten, um sicherzugehen dass es nicht vergiftet war. Als er sah dass der Ratte nichts passierte, leerte er den Krug ohne auf die Becher zu achten, und begann ausgiebig zu essen.
Als er fertig war, begann es schon einzudunkeln... Er schnappte sich seinen Bogen und seine Pfeile und schnallte es sich auf den Rücken, dann gieng er auf der Krücke aus dem Raum. Pfeil und Bogen konnte er noch nutzen. Dafür musste sein Bein nicht mehr können als stehenbleiben und ihn tragen, und das war noch möglich... Seine Augen waren ja noch da, ebenso seine Arme... Mit dem Speer oder dem Schwert, seiner bevorzugten Waffe, müsste er rennen sich ducken, ausweichen, manchmal sogar Springen und nicht selten Treten... Zu viel Belastung für das Bein. Vorerst...
Ziellos wanderte er durch den Palast. Achtete nicht darauf wohin er gieng. Bis...